Alte und neue Fridinger Hausinschriften
Autor: Wolfgang Wirth
Veröffentlicht in: Gesammelte Aufsätze zur Fridinger Geschichte Band 13
Im alten Stadtkern von Fridingen finden sich an etlichen Gebäuden noch verschiedene aufgemalte oder geschnitzte Inschriften, Wappen, Bilder und Jahreszahlen.
Solche Hausinschriften oder Haussprüche blicken auf eine sehr lange Tradition zurück. Der Ursprung der Haussprüche, die man heute noch oder in jüngerer Zeit erneut wieder an vielen Häusern bei uns findet, ist höchstwahrscheinlich in dem altgermanischen Brauch zu suchen, in seine Wohnstätte ein heiliges Zeichen oder eine Rune zu ritzen, um sie dadurch dem besonderen Schutz einer bestimmten Gottheit zu empfehlen, damit so die Wohnungen und gleichzeitig die Bewohner vor Unglück und Gefahr geschützt sind.
Das Anbringen von Sprüchen und Zeichen an einem Balken des Hauses hat sich in den folgenden Jahrhunderten erhalten und immer weiter fortgesetzt. Die höchste Blütezeit der Spruchpoesie fällt in das 16. bis 19. Jahrhundert. Am meisten verbreitet waren Haussprüche, die an diese ursprüngliche religiöse Bedeutung anknüpften und so die Frömmigkeit der Hausbesitzer ausdrückten und dem Gebäude Schutz verleihen sollten.
In der farbenfrohen Barockzeit wurden die Hausinschriften mit vielerlei Symbolen, Ornamenten, auch Tieren, Bildern und Wappen erweitert. Sie dienten nach wie vor als Schutzzeichen, aber nun zusätzlich auch noch als Gruß an die Besucher oder die Vorübergehenden, als Antwort für Nörgler und Neider, als besinnliche Lehre, zur Erinnerung an ein geschichtliches Ereignis in der Gemeinde, des Hauses oder der betreffenden Familie, oder als Wahlspruch des Hausherrn und seines beruflichen Standes.
Im Ortskern von Fridingen innerhalb der ehemaligen Stadtmauer mit seinen 81 Gebäuden sieht der aufmerksame Betrachter heute noch an 14 Gebäuden solche Inschriften und Jahreszahlen.
Abgegangene Hausinschriften und Gemälde
In Fridingen hat der damalige Stadtpfarrer Fidel Preis im Dezember des Jahres 1837 glücklicherweise zwei zu dieser Zeit noch vorhandene Hausinschriften in der Pfarrchronik aufgezeichnet. An welchen Gebäuden sie sich einst befanden, geht aus diesen Aufzeichnungen leider nicht mehr hervor. Zum Einen handelt es sich um den recht pessimistisch klingenden Hausspruch:
Fiat Justitia et pereat mundus.
Die Höflichkeit ist aus der Welt gereiset.
Die Aufrichtigkeit ist schlafen gegangen.
Die Frömmigkeit hat sich verstecket.
Die Gerechtigkeit kann den Weg nicht finden.
Der Helfer ist nicht zu Hause.
Die Liebe lieget krank.
Die Wahrheit ist schon lang vergraben.
Der Kredit ist närrisch geworden.
Das Gewissen hanget an der Wand.
Patientia vincit omnia.
Geduld überwindet saures Kraut.
Der erste lateinische Satz dieses verschwundenen Fridinger Hausspruches lautet auf deutsch: “Das Recht muß seinen Gang haben und sollte die Welt darüber zugrunde gehen”. Nach den “Loci Communes” des Johannes Manlius aus dem Jahr 1563 war dieser Spruch der Wappenspruch des Kaisers Friedrich I., der von 1556 bis 1564 regierte.
Auch unsere Vorfahren konnten sich schon im 19. Jahrhundert mächtig über die Regierung und die zu hohen Steuern ärgern, wie es der zweite Fridinger Hausspruch ganz eindeutig zeigt. Pfarrer Fidel Preis hat ihn ebenfalls im Dezember 1837 aufgezeichnet (Leicht abgewandelt findet sich dieser Spruch auch in Wilflingen mit der Jahreszahl 1820. Er war im 19. Jahrhundert als Druck auch in vielen württembergischen Bauernstuben zu sehen.):
Der Kaiser verlangt seinen Tribut.
Der Edelmann gibt nichts von seinem Gut.
Der Pfaff sagt, ich bin frei.
Der Jud treibt nichts als Schelmerei.
Der Soldat sagt, ich kann nichts geben.
Der Bettler sagt, ich hab nichts zu leben.
Was sagt der arme Bauer?
Ich laß den lieben Gott schalten und walten.
Ich muß doch alle sechs verhalten.
Auch am Gebäude Schloßgasse 9 (Melchior Benz) befanden sich nach Aussagen alter Leute früher einige Wandgemälde. Es soll sich dabei um verschiedene Jagddarstellungen gehandelt haben. Das Haus stand früher innerhalb des ummauerten Schloßbereiches und soll das ehemalige Forsthaus der Freiherren von Ifflinger-Granegg gewesen sein. Etwa um das Jahr 1900 sei das Gebäude umgebaut und aufgestockt worden. Im Zuge dieser Arbeiten habe man damals auch die Gemälde abgeschlagen.
An der Südfassade des Gebäudes Zehntscheuergasse 7 (Rosa Mayer, Josef Huber) war ebenfalls bis hinein in das beginnende 20. Jahrhundert eine Hausinschrift angebracht. Sie lautete:
Hieronymus Maier und Eva Mattessin Wüttib
Jesus Maria und Josef 1717
Daneben war das Fridinger Stadtwappen aufgemalt. Hieronymus Maier, geboren im Jahr 1696, und seine verwitwete Mutter Eva Mattes, gebürtig aus Kolbingen, verstorben 1720 in Fridingen, dürften dieses Gebäude hinter dem alten Pfarrhaus demnach im Jahr 1717 übernommen oder möglicherweise auch neu gebaut haben. Eva Mattes heiratete 1680 den Fridinger Johannes Maier, der ab 1692 Fridinger Stadtschultheiß war.
Diese Maier waren eine bedeutende Familie in Fridingen und sicher keine armen Leute. Dafür spricht auch die Eheschliessung von Hieronymus Maier. Er heiratete standesgemäß am 8. Juni 1721 Veronika Pfaff aus Villingen, eine Nichte des damaligen Stadtpfarrers und Dekans Josef Anton Pfaff, der von 1705 bis 1751 in Fridingen wirkte.
An der westlichen Giebelseite des Gasthauses “Löwen” stand früher “Marx Schiele und Sybilla Reizner 1749". Dieser Marx (=Markus) Schiele, lebte von 1693 bis 1754 und heiratete als gelernter Biersieder 1716 in den “Löwen” ein, der bis dahin von der Familie Hamma geführt wurde. Seine erste Frau Agatha Hamma, geboren 1694, starb schon im Juli 1723, im November 1723 heiratete er Sybilla Reizner (1704-1755). Im Jahr 1749 führte er größere Umbauarbeiten durch, daran erinnerte die Jahreszahl am Giebel. Vermutlich seit dieser Zeit hatte der “Löwen” das Schankrecht auf beiden Stockwerken.
In der 1973 abgebrochenen Fridinger Stadtmühle an der Bära stand rechts in der Mühle vor dem Aufzug der Spruch:
“Ehrlichkeit ist heilge Pflicht,
Die verletzt der Müller nicht”.
Bis zur Renovation des Schlosses im Jahr 1977 waren an der östlichen Frontmauer über dem Eingang zu der ehemaligen Viehwaage auf einem Fresko, gemalt von Hans Bucher, zwei prächtige mittelalterliche Herolde zu sehen, die dem Betrachter die Wappen der Hohenberger (quergeteilter Schild) und der Ifflinger von Granegg (Lindenstaude) präsentierten.
Schon zuvor war oben am Nordgiebel des Schlosses das Ifflinger Wappen mit prächtiger Helmzier aufgemalt. Es wurde bei der Schlossrenovation im Jahr 1935 von Kunstmaler Glas, Burg Wildenstein, gemalt und beim Schlossbrand am 24. Januar 1942 zerstört.
Ebenfalls aus der Hand von Kunstmaler Hans Bucher stammte das inzwischen abgenommene Fresko links am Giebel des “Scharfeck”. Es zeigte in Erinnerung an das ehemalige obere Stadttor, das sich früher an dieser Stelle befand und am 21. Juli 1835 abgebrochen wurde, drei lagernde mittelalterliche Landsknechte. Sie waren mit Spieß und Hellebarde bewaffnet und blickten wachsam in nördlicher Richtung zur Stadt hinaus.
Am Nordgiebel des Gebäudes Am oberen Tor 1 (Bäckerei Hermle) war ein säender Bauer zu sehen. Er wurde in den Fünfziger Jahren übermalt. Seit 1999 steht an diesem Platz, geziert mit einer appetitmachenden überdimensionalen Brezel, der Schriftzug “Bäckerei Hermle”.
In der Vorstadt am Haus Bahnhofstrasse 26 war früher am nördlichen Giebel das Christus-Monogramm “IHS” angebracht. Der Schriftzug konnte allerdings in diesem Fall auch als Initialen des Hausherrn, nämlich Johannes Hamma, Säger, umgedeutet werden.
Das Gebäude Am unteren Tor 6 (“Leo-Hans”) wurde beim Fliegerangriff am 25. Februar 1945 von zwei Blindgängern getroffen, daran erinnerte eine von Xaver Bucher etwa 1953/54 angebrachte Inschrift an der Westfront des Hauses. Sie lautete:
Dieses Haus wurde am 25. Februar 1945 von 2 Fliegerbomben getroffen.
Allen Gewalten zum Trotz sich erhalten.
Der Zusatz: “Allen Gewalten zum Trotz sich erhalten” stammt aus dem Gedicht “Ein Gleiches” von Johann Wolfgang von Goethe.
Hans Spiegel ließ diese Inschrift mehrmals ändern. 1990 malte Werner Binder folgenden Spruch auf:
Es wird nichts mitgenommen,
von dem was Eigen heißt
So wie man angekommen
So wird auch abgereist.
Anno 1990
1991 wurde diese Inschrift übermalt und durchden schon früher verwendeten Spruch ersetzt:
Dieser Spruch ist, leicht abgewandelt, aus “Deutschland ein Wintermärchen” von dem deutschen Dichter Heinrich Heine (1797-1856) entlehnt.
An der östlichen Front über der Eingangstür stand der weitverbreitete Spruch:
Wer Böses spricht von mir und den meinen,
Der gehe nach Haus und betrachte die Seinen!
Beide Inschriften wurden bei der grundlegenden Renovation des Hauses im Jahr 2000 überdeckt.
Religiöses
An dem wuchtigen Fachwerkhaus Mittlere Gasse Nr. 8 mit seinem imponierenden völlig freigelegten Fachwerk sind die Monogramme für Jesus und Maria über dem Scheunentor angebracht. Sie wurden schon bei der Renovation im Jahr 1972 unter mehreren Farbschichten wieder entdeckt und sind seit der Renovation 1998 wieder angebracht.
Ein religiöser Spruch ist am Unteren Tor Nr. 2 im Eckbalken erhalten. Er lautet:
Dieser Spruch zeigt auch sehr deutlich, dass die Angst vor Brandschäden bei den Menschen früher bedeutend größer war als es heute der Fall ist. Man konnte sich zur damaligen Zeit gegen einen Brand, wohl die schlimmste der drohenden Gefahren, nur mit einfachsten und völlig unzureichenden Mitteln wehren. Deshalb ist zu den Namen der Erbauer und zur Jahreszahl des Hausbaues auch gleichzeitig eine Bitt- oder Beschwörformel gegen eine Feuersbrunst eingefügt.
Sehr auffallend ist an dieser Beschwörformel allerdings, dass nicht ein Heiliger, zum Beispiel der dafür bekannte hl. Florian, als Schutzpatron gegen Feuerschäden für das Haus angerufen wird, sondern dass das Gebäude direkt unter den Schutz Gottes gestellt wird.
Ebenfalls religiösen Ursprunges ist der Spruch “WO DER HERR DAS HAVS NIT BAVT, BAVEN DIE BAVLEVTE VMSONST” am Haus Schloßgasse Nr. 26 (Walter Bögelein). Er ist an Psalm 127 angelehnt, wo es heißt: “Wenn nicht der Herr das Haus baut, müht sich jeder umsonst der daran baut. Wenn nicht der Herr die Stadt bewacht, wacht der Wächter umsonst”.
Am direkt angebauten Nachbarhaus Schlossgasse Nr. 24 (Christoph Schnell) steht ergänzend dazu: “SO AB(er) BAVEN VERGEBLICH DIE DRAN BAVEN”.
Zu diesen beiden rätselhaften Inschriften gibt es in Fridingen die alte örtliche Überlieferung, dass zwei Brüder diese beiden Häuser gemeinsam gebaut haben, sich aber während der Bauzeit so heftig zerstritten haben sollen, dass beide dadurch ihr ganzes Hab und Gut verloren und schliesslich völlig verarmt als Bettler in die Fremde ziehen mussten.
In unserer Nachbarstadt Mühlheim an dem schön restaurierten Fachwerkgebäude Hauptstrasse 37, erbaut im Jahr 1748, findet sich allerdings der gleiche Spruch, den man auch sonst öfter antrifft. In Mühlheim existiert dazu keine erklärende Erzählung. (Es ist durchaus möglich, dass sich an manchen Orten bei dieser verbreiteten Inschrift eine Wandersage ansiedelte.)
Am mittleren Tragpfosten, der beiden Häusern gemeinsam ist, steht die bisher unentschlüsselte Buchstabenkombination:
MA St B
B Z M
und darunter, ebenfalls eingeschnitzt, die Jahreszahl 1746. Der genaue Sinn dieser geheimnisvollen Abkürzungen ist immer noch unklar. Es kann sich bei dieser Buchstabenkombination einerseits um die Initialen der Erbauer, oder aber, was eher wahrscheinlich ist, um eine abgekürzte Beschwörformel handeln. Die Buchstaben MA am Anfang deuten meiner Meinung nach ziemlich sicher auf Maria hin (Es könnte dann heißen: Maria Sancta Benedicta ?).
Ortsgeschichte
An unsere reiche Stadtgeschichte erinnert natürlich in erster Linie der überdimensionale österreichische Doppeladler am sogenannten “Hagenstall” (Zehntscheuergasse 4), der ehemaligen herrschaftlichen Zehntscheuer mit der Jahreszahl 1764 im Brustschild.
Er vergegenwärtigt eine wichtige und lange Epoche unserer Stadtgeschichte. Der Doppeladler weist darauf hin, dass Fridingen von 1381 bis 1806 zu Österreich gehörte.
An zwei sehr wichtige städtische Einrichtungen, nämlich die Stadtmauer und die Stadttore, wird am westlichen Giebel des “Scharfeck” erinnert, es heißt dort:
Hier schützten Wehrgang und oberes Tor
die Stadt gegen Norden.
Früher war ein Spruch im “Süßen Winkel” am Gebäude Am unteren Tor 6 (“Leo-Hans”) an der westlichen Hausfront angebracht. Er erinnerte daran, dass dieses Haus beim Fliegerangriff am 25. Februar 1945 von zwei Blindgängern getroffen worden war. Er wurde im Jahr 1991 übermalt.
Ein ganzes Fridinger Geschichtsbuch öffnet sich beim Lesen der einzelnen Inschriften an der Südfront am “Scharfeck” (Am oberen Tor 3, Hans Bucher):
Erbaut vor längst vergangnen Zeiten,
Wohnten schon Hunderte in meinen Weiten.
Wohl fünfzig Herren nannten ehedem mich mein,
Aber keiner blieb - sie gingen hin,
kehrten nie mehr ein.
Ich barg schon Frieden, stilles Glück,
schon Zwietracht, Armut, Mißgeschick!
Und fragst Du mich, wie alt ich sei -
Manch Ritter zog an mir vorbei.
Dem Zoller Nellenburger war ich pflichtig-
Aber lange nahm der Hohenberger den Tribut richtig
Ich sah des schwarzen Todes grause Hand
hinmorden der Bürger,
daß nur sieben noch der Stand.
Vor Hunger und Kriegsnot rang mancher die Hände.
Auch schlugen die Flammen schon an diese Wände.
So bin ich geworden endlich nun alt;
und gebeugt ist meine einst schöne Gestalt.
Doch durft ich noch schauen die neuen Zeiten,
Die Kinder des Dampfes und forschenden Leuten.
Nun tönet bei mir manch munterer Sang.
Es freun sich die Bürger beim Becherklang.
Und nun gab mein Herr mit eigener Hand
Mir auch noch ein neues Gewand.
Gott woll ihm Glück und Segen schicken
und Zeit, daß er`s noch lang kann flicken.
Anno Domini 1901
Wappen
Am “Scharfeck” (Am oberen Tor 3), das sich seit 1888 im Besitz der Familie Bucher befindet, findet man ganz oben im Spitz am Westgiebel auf den Putz aufgemalt das Wappen der Familie Bucher. Es wurde um 1960 von Hans Bucher aufgemalt.
An der nördlichen Front des Gebäudes Hintere Gasse 16, dem früher sogenannten “Jakobstor” (Jordan Hipp) steht im freigelegten Fachwerk die Jahreszahl 1717, darüber findet sich in zwei Balkenfeldern jeweils das österreichische Wappen mit dem weissen Querbalken. Das gleiche Wappen ist auch an der kleinen “Heilandkapelle” auf Bergsteig zu sehen.
Neueren Datums sind die “Berufswappen” der Bäcker, die Malermeister Werner Binder an der Bäckerei Hermle (Am oberen Tor 1) über dem Eingang und an der Bäckerei Matuschin (Bahnhofstrasse 19) angebracht hat.
Jahreszahlen
Die älteste “originale” Jahreszahl findet der aufmerksame Betrachter auf dem Verputz am Giebel des Gasthauses “Scharfeck” (Am oberen Tor 3). Rechts, fast ganz oben steht die Jahreszahl 1554, sie wurde im Jahr 1952 bei Renovierungsarbeiten von Xaver Bucher entdeckt und freigelegt. Wobei diese Hausinschrift auch ein Rätsel aufgibt, denn das Aufmalen der Schrift auf den Verputz wurde eigentlich erst nach 1700 üblich, zuvor wurden die Inschriften und Jahreszahlen zumeist in die Balken geschnitzt.
Das Haus Hintere Gasse 6 (Martin Heinrich) wurde 1984 grundlegend renoviert. Dabei wurde auch eine dendrochronologische Untersuchung der Balken durchgeführt, die als Ergebnis das Baujahr 1558 ergab. Beide Jahreszahlen, 1558 und 1984, sind seither über der Haustür angebracht.
Die Inschrift “Im Jahr 1700" mit einer ebenfalls eingeschnitzten symbolischen Verzierung, einem sogenannten “Endlosknoten”, der für die Ewigkeit und ein langes Leben steht, findet sich am Haus Kirchplatz 8 (heute Kreissparkasse) auf dem schön gezopften nördlichen Eckbalken am Westgiebel, der das einzige Originalteil dieses Hauses darstellt. Das ursprüngliche Gebäude wurde im Jahr 1973 vollständig abgebrochen. Der Neubau erfolgte, zumindest am Westgiebel, getreu nach dem alten Original.
Das Jahr 1707 ist in einem geschnitzten Wappenschild am Gebäude Zehntscheuergasse 6 (“Flaschners”, Georg Locher) angegeben.
An der Nordfront des Gebäudes Hintere Gasse 16 (Jordan Hipp) steht in zwei Balkenfeldern aufgemalt die Jahreszahl 1717 (Dieselbe Jahreszahl fand sich interessanterweise bis etwa 1920 auch am Haus Zehntscheuergasse 7).
Gleich zweimal taucht im Ortskern die Jahreszahl 1746 auf. Zum einen geschnitzt im östlichen Eckpfosten am Gebäude Am unteren Tor 2 und ebenfalls eingeschnitzt im Tragpfosten zwischen den Gebäuden Schlossgasse 24 und 26.
Am Scheunentor der ehemaligen herrschaftlichen Zehntscheuer trägt der aufgemalte überdimensionale österreichische Doppeladler im Brustschild mit dem österreichischen Wappen die Jahreszahl 1764.
Kaum jemand wird bisher aufgefallen sein, dass sich an diesem Scheunentor eine weitere Jahreszahl befindet. Genau rechts unter dem Wappen ist sorgfältig eingeritzt die Jahreszahl 1898. Sie gibt uns einige Rätsel auf. Was ist in diesem Jahr mit dem Gebäude, das sich schon damals in städtischem Besitz befand, passiert? Vielleicht fand eine Renovierung statt. Bisher wissen wir nichts Genaueres und können zu dieser Jahresangabe nur Vermutungen anstellen.
Am Haus Bahnhofstrasse 25 ist das Baujahr 1895 angegeben, daneben befindet sich das Stadtwappen und als Datum einer Renovation 1982.
Jahreszahlen von Renovierungen aus neuerer Zeit befinden sich an den Gebäuden:
Am oberen Tor 7 (Siegfried Branz) am Ostgiebel:
1972, 600 Jahre Stadt Fridingen 1372-1972, dazu das Stadtwappen. Darunter:
"Nun stehst wieder da in neuem Gewand,
Wie einst vor langer Zeit”
Schlossgasse 2: 1980
Mittlere Gasse 3: Anno Domini 1980, Stadtwappen, M.T.
Ob der Stadt 6: Fridingen 1980, dabei das Stadtwappen
Mittlere Gasse 2 (Engelgäßle): Fridingen Anno Domini 1981 und das Stadtwappen.
Schlossgasse 14: 1983 Fridingen und das Stadtwappen
Hintere Gasse 6: 1984
Hintere Gasse 20: 1987
Tuttlinger Strasse 33: 1987 mit den Initialen “MH”.
Angaben über Erbauer und Besitzer
Der Mensch strebte schon von jeher danach, sich in seinen Werken ein irdisches Denkmal zu setzen und sich und seinen Namen damit unsterblich zu machen. Deshalb verewigten sich die Erbauer der Häuser und auch manchmal noch spätere Besitzer gern mit der Nennung ihres Namens an ihren Häusern. Dies geschah zum Beispiel in einer hölzernen Fensterumrahmung, im Türrahmen, manchmal auch im Rahmen der Scheune, an einem Eckbalken oder einer sonstigen markanten Stelle des Hauses.
Ein schönes Beispiel dafür bietet das Gebäude Zehntscheuergasse 6 (Georg Locher, “Flaschner´s”). In zwei geschnitzten, weiß grundierten Wappenschildern unter dem linken Fenster an der Nordfront haben sich die früheren Besitzer verewigt. Im linken Schild steht: “1707 ICH JOHAN JAKOB HIPP SHVLDES” und im rechten: “ICH MADEIS DAMEFELL VOGT UND ZIMERMAN BERENDAL”. In der hölzernen Fensterumrahmung darüber steht eingeschnitzt zu lesen: “ICH BARBARA STERCKHIN DERZEIT SHVLDESIN ZUE FRIDINGEN”.
Von einem fast zwei Jahrhunderte später erfolgten Besitzerwechsel kündet der ebenfalls geschnitzte Schriftzug im hölzernen Rahmen unter dem zweiten Fenster von links: “ JOH. MELCHIOR HIPP, STADTPFLEGER U. KONSTANTINE GEB BETT 1890". Sie erwarben das Haus aus dem Besitz des damaligen Löwenwirts Schiele im Jahr 1890 um 5.600 Mark.
Längst nicht mehr vorhanden ist die Inschrift am Haus Zehntscheuergasse 7, hier wurden im Jahr 1717, vermutlich als Erbauer, Hieronymus Maier und seine Mutter Eva Mattes erwähnt.
Am Gebäude Am unteren Tor 2 werden im östlichen Eckbalken im Jahr 1746 mit einer Beschwörformel als Erbauer des Hauses Josef Hamma, Weissgerber, und seine Mutter Katharina Hamma genannt.
Sinnsprüche
An der Nordfront des “Scharfeck” (Am oberen Tor 3) steht:
Hier ist das Scharfe Eck, wo wartet Bier und Weck!
Manch gutes Schlückchen Wein, auf die, die kehren ein!
Willkommen die gehen ein und aus,
Wer Übles will, der bleibe draus!
Allen, die mich kennen,
Gebe Gott, was sie mir gönnen.
Das Haus ist mein und doch nicht mein,
Ich gehe aus und Du gehest ein,
Und wer wird wohl der Letzte sein.
Wer sein Geld verlieren will und weiß nicht wie,
Der bau´ alte Häuser auf und spiel´ Lotterie.
Am Giebel des “Scharfeck” heißt es:
Einer acht´s
Der andre verlacht´s
Der dritte betracht´s
Was macht´s?
Wandbilder
Am prächtigsten mit Bildern geziert ist natürlich das “Scharfeck” (Am oberen Tor 3), das auf drei Seiten heute noch fast vollkommen das schöne alte Eichenfachwerk aus dem 16. Jahrhundert aufweist. Seit 1888 wird das Haus von der Malerfamilie Bucher bewohnt. Meinrad Bucher (1862-1903) hat das Gebäude durch Sinnsprüche und Fresken verschönt.
An der Nordfront zwischen den Fenstern des ersten Stockwerkes malte Meinrad Bucher im Jahr 1901 drei stilisierte Blumen auf, eine sehr schöne Dekorationsmalerei im Jugendstil, die aber später wieder übermalt wurden. Xaver Bucher malte an ihre Stelle als Mittelbild einen Landmann. Hans Bucher hat ihn vor dem 1100-Jahr-Jubiläum Fridingens im Jahr 1963 durch einen farbenprächtigen mittelalterlichen Soldaten ersetzt, der eine Fahne in den österreichischen Farben trägt. Auch er wurde zwischenzeitlich wieder abgenommen (befindet sich im Heimatmuseum) und seither zeigt die ursprüngliche Blume wieder ihre volle Pracht (Signatur: Meinrad Bucher 1901).
Auf beiden Seiten der Blume sind ebenfalls von Xaver Bucher zwei heimische Sagenmotive zu finden. Links die Sage vom Knopfmacherfelsen, sehr drastisch sind hier das Hardtfräulein und der in die Tiefe stürzende Knopfmacher dargestellt. Rechts die Sage vom weißen Fräulein vom Kallenberg, das vom Müllerknappen der nahegelegenen Bronner Mühle besucht wird.
An der Südfront malte Meinrad Bucher vier Personendarstellungen. Sie wurden von Xaver Bucher bei der Renovation 1952 übermalt. An deren Stelle finden sich heute zwischen den Fenstern im Obergeschoß vier Darstellungen: Ein stolzer Edelmann mit umgehängtem Schwert, ein Bauer, der mit Hacke und Krug zur Arbeit aufs Feld geht, ein sehr entschlossen blickender Landsknecht mit Trommel und eine Magd, die auf einem Tablett einen kühlen Trunk serviert.
Bis zu dieser Renovation war das Fachwerk an den beiden Frontseiten nur aufgemalt. Gemeinsam mit dem Giebelfachwerk wurden 1952 auch die Fachwerkteile der Frontseiten freigelegt
Im Gebäude Am unteren Tor 2 wurde früher von Franz Hipp (“Steinhauer-Franz”, 1909-1981) eine Steinmetzwerkstatt betrieben. Deshalb hat Xaver Bucher im Jahr 1954 an der westlichen Hausfront ein Wandbild angebracht, das zwei mittelalterliche Steinmetze bei der Arbeit zeigt.
Dabei steht der Text: “Das Holz verfault, doch Stein bleibt Stein”. Diesen scheinbar harmlosen Spruch nahmen ihm aber manche Fridinger bald sehr übel. Bissig wurde diese Tatsache im Fridinger Narrenblatt des Jahres 1955 glossiert, dort heißt es:
"Gerichtstagung
Gegen den ledigen Konrektor und Klexer Bafer Xucher fand gestern eine mehrstündige Gerichtsverhandlung statt. Er war angeklagt, durch seinen volksaufwühlenden Spruch am unteren Tor: “Das Holz verfault, doch Stein bleibt Stein” die Stadtgemeinde Fridingen als größte Waldbesitzerin des Bundesgebietes schwer geschädigt zu haben.
Seit Anbringung dieses verderblichen Satzes fallen die Holzpreise mit fahrplanmäßiger Sicherheit. Verschiedene Zeitgenossen ließen sich bereits Möbel und Betten aus Tuffstein und Granit machen. Eine große Anzahl Zeugen waren erschienen (Zeugengeld!!). Besonders Bürgermeister Herwanger setzte sich in seiner Person als Stadtvater für die Belange seiner Heimat mit ihren schwankenden Wipfeln und Holzpreisen ganz kannibalös ein. Ihm sei es auch zu verdanken, daß ein Streik der Waldarbeiter und des Totengräbers durch diesen volksschädlichen Satz verhütet wurde.
Der Angeklagte, der völlig zusammengebrochen war, nahm das Urteil dennoch gefaßt hin. Es wurden ihm mildernde Umstände, seines Gebisses wegen, zuerkannt. Das Urteil lautete auf drei Wochen Gefängnis mit Bewährungsfrist. Zudem muß der sündhafte Spruch entfernt und durch einen passenden ersetzt werden.
Der Angeklagte nahm den ehrenwerten Auftrag an und erbot sich gleich zur Anbringung folgenden Spruches:
“Das Holz verfault nicht, es fault auch nicht der Stein, der Stein schlägt euch Holzköpfen einmal die Schädel ein!!”
In Erinnerung an die vergangene Tradition des Nachtwächters, der früher auf dem Platz vor dem Haus Am unteren Tor 1 seine Stundenrufe sang, hat Xaver Bucher 1953 am Nordgiebel des Gebäudes die Darstellung eines Nachtwächters mit Horn, Lampe, Hellebarde und dem Fridinger Stadtwappen angebracht. Darunter steht der Text: “Menschenwachen kann nichts nützen, Gott muß wachen, Gott muß schützen”.
Ausserhalb der Stadtmauer befindet sich am Gebäude Donaustrasse 12 (Max Riedinger) ein Gemälde. Da früher in diesem Haus eine Schmiedewerkstätte (Andreas und Martin Wannenmacher) untergebracht war, malte Xaver Bucher 1954 zwei Hufschmiede beim Beschlagen eines Pferdes über den Eingang zur Schmiede. Das Bild wurde später übermalt. Im Jahr 2000 wurde es bei einer Renovation wieder freigelegt und von Xaver Buchers Neffe Hans Bucher renoviert.
Neuere Hausinschriften
Seit 1980 ist am Gebäude Schloßgasse 2 (Josef Zepf) ebenfalls der österreichische Doppeladler angebracht, mit der Information, “Fridingen gehörte von 1381 bis 1806 zu Österreich”. Das Datum der Renovation, “anno Domini 1980", ist ebenfalls am Giebel vermerkt.
Am Gebäude Hintere Gasse 6 (Martin Heinrich) steht seit der Renovation im Jahr 1984 der philosophische Spruch:
“Ich leb und weiß nit wie lang.
Ich sterb und weiß nit wann.
Ich fahr und weiß nit wohin.
Wunder nimmt mich, daß ich fröhlich bin”.
Das sind die Schlußsätze des Buchhalters aus dem Drama “Glaube, Liebe, Hoffnung” von Ödön von Horvath (1901-1938). Der Satz wird aber auch schon nahezu 300 Jahre zuvor bei dem Liederdichter und Epigrammatiker Angelus Silesius (1624-1677) verwendet. Der Ursprung dieses Spruches ist aber wesentlich älter. Seinem Stil nach ist er eher der scholastischen mittelalterlichen Lyrik zuzuordnen und wurde von den späteren Autoren nur aufgegriffen. Erstmals findet sich der Spruch als Grabinschrift des “Magisters Martinus von Bieberach zu Heilbronn”, der im Jahr 1498 starb. Auch Mario Simmel verwendete diesen Spruch in der Nachkriegszeit als Romantitel.
Ebenfalls zu den neueren Haussprüchen gehören die Sätze am Haus Hintere Gasse Nr. 20 (Rafael und Karl-Josef Sattler) am Ostgiebel, wo sich die Besitzer nach der grundlegenden Renovation im Jahr 1987 mit dem Spruch:
“Du kannst die Sache wohl betrachten
Du wirst es auch nicht anders machen,
Man hats gemacht, wie´s mir gefällt,
Es hat mich kost mein eigen Geld
Anno Domini 1987”
schon vorsorglich gegen die sicherlich bald auftretenden Neider und Lästermäuler wandten.
An der Nordfassade befindet sich der Gruß:
“Dem Hause Friede
Dem Gaste Freude
Dem Scheidenden ein frohes Wiedersehn
Und Gruß den Wanderern die vorübergehn.”
Am Haus Bahnhofstrasse 5 (Josef Zepf) steht oben am Südgiebel der Satz “Gott mit uns”, am Nordgiebel der benediktinische Wappenspruch: “Ora et labora” (Bete und arbeite).
Ein netter Rätselspruch ist seit 1994 (Werner Binder) am Gebäude Hintere Gasse 5 (Anton Fürber) angebracht:
(Ein Tipp: Von unten beim “da” anfangend nach oben lesen!)
Der Spruch war als Stickbild im Elternhaus von Anton Fürbers Mutter in Bayern vorhanden. Als Kind mußte er bei einem Besuch diesen Spruch auswendig lernen.
Quellen:
Pfarrarchiv Fridingen: Pfarrchronik Band 1
Literatur:
Tuttlinger Heimatblätter Band 5, Seite 26: “Hausinschriften im Bezirk Tuttlingen”
Wilhelm Mönch, Schwäbische Spruchkunst, Stuttgart 1937
Die Fuchsfalle, Narrenzunft Fridingen, Fasnacht 1955
Almut Lammert-Andersch “Hier wohnt ein fröhlicher Mann”, in: Schwarzwälder Hausschatz 1997
Für mündliche Mitteilungen bedanke ich mich bei Martin Heinrich, Ingolf Hipp und Josef Rudolf.