Rückblick: Unterwegs im Chiemgau
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Auf Einladung des Heimatkreises waren 22 Interessierte vom 3. - 6. Oktober 2013 „auf Fridinger Spuren“ in Bayern unterwegs. Am 3.10. pünktlich um 5.30 Uhr startete Chauffeur Wolfgang die Tour in Richtung Chiemgau.
Der erste Tag widmete sich der Maler-Dynastie Zoll. Erstes Ziel war Trostberg, wo die Familie Soll, wie sie sich in Bayern nannten, über 200 Jahre lang wirkte. Nach einem guten Mittagessen im Gasthaus Salzburger-Hof, startete unsere Stadtführung mit Herrn Stadtheimatpfleger Dr. Rainer Lihotzky, der uns die Trostberger Geschichte erklärte. Trostberg liegt an der Alz im niederbayrischen Landkreis Traunstein im nördlichen Chiemgau, hat 11.500 Einwohner und umfasst 94 Ortsteile. Urkundliche Nachweise für die Gründung „Trospergs“ durch die Grafen von Ortenburg-Kraiburg gibt es seit 1233. Der Ort entwickelte sich im Schutz seiner Anfang des 13. Jahrhunderts errichteten Burg. Seither war Trostberg immer Besitz der bayerischen Wittelsbacher, die Alz war Grenzfluss zwischen Bayern und Salzburg.
Mit sichtlicher Freude zeigte uns Herr Lihotzky das äußerst beeindruckende Stadtmuseum Trostberg mit dem Soll-Zimmer. Das Stadtmuseum wurde 1939 als Heimathaus gegründet und in einem eigens dafür errichteten Gebäude untergebracht. Es zählt zu den bedeutenden Museen in Südostbayern. In 35 Räumen über vier Stockwerke werden heute rund 22.000 Objekte unter dem Motto „Lebendige Vergangenheit“ ausgestellt. In seiner engagierten Führung erläuterte H. Lihotzky mit seinem Museumsteam die umfangreiche und beachtliche Sammlung des Hauses, die uns alle positiv überraschte. Nicht ohne Stolz öffnete er uns im Soll-Zimmer zwei Skizzenbücher des aus Fridingen stammenden Malers Franz-Joseph Soll, der 1798 nach einem reichen Schaffen als bedeutender Meister des Chiemgauer Rokoko in Trostberg starb.
Danach wurde die Soll-Kirche in Kirchweidach besichtigt. Die Kirche wurde ab 1770 durch Franz Alois Mayr, ab 1771 durch dessen Schwiegersohn Baumeister Joseph Lindtmayr, im Stil des Spätrokoko errichtet. Den Innenraum gestaltete Franz-Josef Soll ab 1775. Als Hauptthema war ihm die St.-Vitus-Legende vorgeschrieben, die er im großen Kuppelfresko und in einigen kleineren Deckenbildern sehr ausführlich und anschaulich behandelt hat. Die zentrale Darstellung im Kuppelgewölbe ist in der Mitte die Aufnahme des hl. Veit in den Himmel. Rundum sind Szenen aus der Vitus-Legende wirkungsvoll aneinandergereiht. Beeindruckend ist auch die drastisch dargestellte Vertreibung der Händler aus dem Tempel oder das Selbstbildnis Zolls und seiner Frau über dem linken Seitenaltar. Auch Solls Söhne Ignaz und Johann Nepomuk waren in Kirchweidach tätig.
Gegen Abend wurde in Inzell im Hotel Bayrischer Hof Quartier bezogen. Das Hotel bot jeden Abend musikalische Unterhaltung, unter anderem mit dem Jodler Takeo Ischi und anderen bayrischen Künstlern. Inzell ist eine Gemeinde und anerkannter Luftkurort im südlichen Landkreis Traunstein, Regierungsbezirk Oberbayern mit 4520 Einwohnern. Die Gemeinde ist bekannt durch das Bundesleistungszentrum für Roll- und Eisschnelllauf, das u.a. Trainingsstätte von Erhard Keller und Anni Friesinger-Postma war.
Inzell liegt in einem weiten Talgrund in den Chiemgauer Alpen, der vom Rauschberg, dem Zinnkopf, dem Teisenberg und dem Gebirgsstock des Staufen umrahmt wird. Im Ortsgebiet von Inzell nimmt am Zusammenfluss von Großwaldbach und Falkenseebach (Maderbach) die Rote Traun ihren Anfang. Inzell wird auch als das Tor zum Berchtesgadener Land bezeichnet. Der Grund dafür ist die Zwing, eine Bergenge zwischen Inzell und Weißbach, die den Chiemgau vom Berchtesgadener Land trennt.
1937 erhielt Dekan Alfons Epple auf Vermittlung von Pater Gebhard Heni in Gars/Inn für den neuen Hochaltar der Pfarrkirche Reliquien der sel. Irmenhardis vom Chiemsee. Grund genug, die Wirkungsstätte der Seligen zu besuchen. Per Schiff ging es zeitig von Gstadt hinüber zur Fraueninsel, wo uns Schwester Magdalena Schütz, Archivarin des Klosters, schon erwartete.
Eine engagierte und sehr lebendige Führung erlebte die Gruppe im Benediktinerinnenkloster Frauenwöhrdt im Chiemsee. Schwester Magdalena zeigte die gelebte Geschichte im Kloster und ließ ein lebendiges Bild der sel. Äbtissin Irmengardis vom Chiemsee entstehen.
Die Abtei liegt inmitten einer ursprünglichen schönen Landschaft des bayerischen Alpenvorlandes auf der Fraueninsel im Chiemsee. Die Fraueninsel ragt bis zu 8 m über dem Seespiegel heraus, ist 12 ha groß und in 20 Minuten auf bequemem Uferweg zu umgehen. Sie zählt zu den ältesten Kulturstätten des Chiemgaus. Mit über 50 Häusern und ca. 300 Einwohnern ist die Fraueninsel heute sehr dicht besiedelt und stellt die kleinste politische Gemeinde in ganz Bayern dar. Etwa ein Drittel der Gesamtfläche bedeckt der Klosterbereich.
Hier gründete, so erläuterte Schwester Magdalena in ihrer kurzweiligen Führung, Bayernherzog Tassilo III. anno 782 das Benediktinerinnenkloster Frauenchiemsee (auch: Frauenwörth), in das die selige Irmengardis 857 von Buchau her wechselte, wohl bereits als Äbtissin. Über ihr Leben ist nicht allzu viel bekannt. Geboren ist sie um 831/33 in Regensburg, gestorben am 16. Juli 866 in Frauenchiemsee. Irmgard bzw. Irmengardis von Chiemsee ist eine Tochter König Ludwig des Deutschen und dessen Frau Hemma. Ihre Aufgabe war es, das inzwischen verwahrloste Kloster wieder auf- und auszubauen. Dies brachte ihr den Ruf ein, die „zweite Stifterin“ des Klosters zu sein. Ihre Reliquien befinden sich in der Irmengardis-Kapelle in der Frauenchiemseer Klosterkirche.
Der Irmengard-Kult selbst wurde erst 1928 durch Pius XI. offiziell anerkannt, am 17. Juli 1929 folgte die Seligsprechung. Ihr Gedenktag ist der 16. Juli, in Frauenwörth selbst wird der Irmengardistag am Sonntag vor oder nach dem 16. Juli gefeiert. Sie ist im Regionalkalender Rottenburg und im Regionalkalender von München und Freising besonders hervorgehoben. Schwester Magdalena führte uns, humorvoll und lehrreich, vom Innenhof durch den Äbtissinnengang zur Kirche, wo die Reliquien der seligen Irmengardis nach wie vor hoch verehrt werden.
Am Nachmittag fuhren wir per Schiff zur Herreninsel und erhielten im Schloss Herrenchiemsee eine interessante Führung.
In der Reihe der gebauten Traumwelten König Ludwigs II. kam dem Nachbau der Schloss- und Gartenanlage von Versailles als Inbegriff monarchischen Glanzes oberste Priorität zu. Ab 1868 liefen die Planungen zu diesem Projekt. Als Baugelände erwarb Ludwig II. die Chiemseeinsel Herrenwörth, nachdem sich der ursprünglich ausgesuchte Standort im Graswangtal bei Ettal als zu klein erwiesen hatte. Anstelle des Versailles-Nachbaues entstand hier aus einem Nebengebäude Schloss Linderhof.
1873 erwarb König Ludwig II. von Bayern die Herreninsel als Standort für sein Neues Schloss Herrenchiemsee. Als Abbild von Versailles sollte dieses Schloss ein "Tempel des Ruhmes" für König Ludwig XIV. von Frankreich werden, den der bayerische Monarch grenzenlos verehrte. Der Verwirklichung gingen insgesamt 13 Planungsphasen voraus. 1878 wurde mit dem Bau des "Bayerischen Versailles" nach Plänen von Georg Dollmann begonnen. 1886, beim Tod von König Ludwig II., war das Schloss noch nicht vollendet. Einige Teile wurden später abgetragen.
Unter den großen Schauräumen sind das Prunktreppenhaus, das Paradeschlafzimmer und die Große Spiegelgalerie hervorzuheben. Das Kleine Appartement ist in Formen des französischen Rokoko gehalten und diente als Wohnung des Königs.
Pater Josef Stöckl, Rektor im Kloster Gars, führte uns durch Kloster und Kirche und erläuterte sehr kurzweilig und interessant deren Geschichte und das heutige Leben und Arbeiten im Kloster. Gars geht auf eine von dem Kleriker Boso im Jahr 768 im Auftrag von Bayernherzog Tassilo III. errichtete Zelle zurück, aus der sich ein Kloster entwickelte, das zunächst nach der benediktinischen Regel lebte und um 1125 die Regel des hl. Augustinus annahm. 1648 brandschatzten und verwüsteten die Schweden Kloster und Markt Gars, der Neubau des Klosters erfolgte 1657–1659 unter Propst Athanasius Peitlhauser.
1803 wird das Kloster säkularisiert und das Inventar und die Gebäude verkauft. 1858 beziehen die Redemptoristen das verwaiste Kloster, müssen es aber im Kulturkampf 1873 schon wieder verlassen. 1894 wird die Verbannung der Redemptoristen aufgehoben und sie kehren nach Gars zurück.
1894 hat der damals vierzehnjährige Gebhard Heni sein Heimatstädtchen Fridingen verlassen und zog ins Internat der Redemptoristen nach Bachham und Gars, weil er im nahe gelegenen Kloster Beuron abgelehnt worden war. 1907 wurde er zum Priester geweiht, als Minister (Finanzchef) im Kloster Gars und feuriger Prediger war er eine bekannte Persönlichkeit in Gars. Die Redemptoristen unterhielten einige Internate, in denen etliche Fridinger das Abitur machten. Sechs weitere Fridinger folgten P. Heni in den Orden, von denen zwei noch leben. P. Jordan Hamma, 1936 geboren und 1963 zum Priester geweiht, zog noch im selben Jahr nach Japan, wo er seither wirkt, P. Edmund Hipp, 1957 geboren und 1992 zum Priester geweiht, ist zur Zeit Provinzial der Süddeutschen Provinz der Redemptoristen mit Sitz in München.
Ebenso zeigte uns P. Stöckl den neu nach alten Vorbildern angelegten Kräutergarten im Innenhof, die Hauskapelle, und in der Kirche den Reliquienschrein des seligen P. Kaspar Stanggassinger, der ein wichtiger Lehrer von P. Gebhard Heni war.
Bruder Ulrich, Gärtnermeister im Kloster Gars, wusste sehr persönlich und anschaulich aus seinem über 50-jährigen Ordensleben zu berichten. Aus kleinsten Anfängen heraus hat er mit seinen MitarbeiterInnen die Garser Gärtnerei entwickelt, die heute zu den größten und bekanntesten Klostergärtnereien zählt. Über 100 Lehrlinge hat er ausgebildet, war zu Gartenthemen ein gesuchter Vortragsredner und auch oft in Fernsehern und Hörfunk zu Gast. Gemäß seiner Maxime „Tun was der Tag verlangt und dabei auf dem Boden bleiben“, ein Satz des seligen Pater Kaspar Stanggassinger, blieb er bescheiden und immer offen für Neures. Mit sichtlicher Freude zeigte er den Gästen aus dem Donautal ausführlich die beeindruckende, große Gärtnerei, wo jetzt schon die Weihnachtssterne in Reih und Glied stehen.
Genauso führte er die Gruppe durch den schön angelegten Klostergarten zum Klosterfriedhof. Dort besuchten wir die Gräber folgender Fridinger: P. Johannes Hamma (1912-1991), P. Gustav Bucher (1911-1995), P. Martin Zepf (1923-1995) und Br. Edmund Hipp (1923-2012). P. Gebhard Heni (1880-1964) ruht in der Gruft der Garser Klosterkirche.
Im Kreuzgang beim Klostercafe mit Blick zum Novizengarten genossen wir dann ein herzhaftes Weißwurstessen, das keine Wünsche offen ließ. Selbstverständlich gab es dazu die typischen Brezel und den süßen Senf.
Wasserburg am Inn mit seiner schönen Altstadt war das Ziel für den Nachmittag.
Wasserburg liegt im Regierungsbezirk Oberbayern im Landkreis Rosenheim. Höhe: 427 m ü. NHN, hat eine Fläche von 18,8 km² und 12.257 Einwohner (31.12.2012). Wasserburg bietet mit seiner landschaftlichen Lage eine Besonderheit: Die Altstadt liegt auf einer vom Inn fast vollständig (zu 7/8) umflossenen Halbinsel, die nur über eine schmale Landzunge erreichbar ist. Vom gegenüberliegenden bis zu 70 Meter hohen Steilufer, der Innleiten, überblickt man die ganze Altstadt mit ihrer bis ins Mittelalter zurückreichenden Bausubstanz.
Wasserburg ist eine der geschichtsträchtigsten Städte Altbayerns, älter als das gut 50 Kilometer westlich gelegene München, stets umkämpft von den Inhabern der bayerischen Teilherzogtümer bis zum 16. Jahrhundert und den großen Residenzstädten an Rechten gleichgestellt. Mit Privilegien versehen blühte der Salzhandel bis ins 19. Jahrhundert.
An der Kreuzung einer der wichtigsten Landstraßen mit der Wasserstraße Inn gelegen, war Wasserburg zudem der bedeutendste Umschlagsort für Waren aus dem Balkan, Österreich und Italien, so dass die Schiffmeister und Handelsherren dieser Stadt zu Macht und Reichtum gelangten.
Ein Teil der Gruppe besuchte das Museum Wasserburg in der Herrengasse. Dieses Museum zeigt eine enorme Vielfalt kunst- und kulturhistorischer Ausstellungsstücke von der Spätgotik bis zum 19. Jahrhundert. Ein Teil besichtigte die mittelalterliche Altstadt, die fast vollständig erhalten und als Gesamtheit äußerst sehenswert ist.
Am letzten Tag der Exkursion besuchten wir den Erntedankgottesdienst in der Pfarrkirche Maria Empfängnis in Siegsdorf, den der Ortsgeistliche, Pfarrer Thomas Graf von Rechberg in der mit vielen Trachtlern vollbesetzten Kirche feierte. Im Anschluss verkauften Mitglieder des Frauenbundes vor der Kirche Erntebüscherl.
Hans Döpper, Kirchenpfleger in Siegsdorf, erklärte uns das beeindruckende Gotteshaus, Es wurde in den Jahren 1779-81 nach Plänen von Plazidus Nizinger mit Einbeziehung des spätgotischen Westturmes errichtet. Ihre Ausmalung war der einzige Auftrag, den Soll im südlichen Chiemgau erhielt. Soll malte nicht nur die Wand- und Deckenbilder, sondern auch die gesamten Stuckverzierungen und den Kreuzweg
Das weit gespannte Tonnengewölbe des Langhauses bot Soll viel Platz zur Erfüllung seiner Aufgabe, den schlimmsten Tag in der Geschichte Traunsteins und gleichzeitig das größte Ereignis der Siegsdorfer Ortsgeschichte darzustellen.
In der Nacht zum 23. August 1704 plünderten ungarische und kroatische Soldaten die Stadt Traunstein und zündeten sie an. Fast die gesamte Altstadt, einschließlich der Kirche, brannte nieder. In der Pfarrkirche blieb wie durch ein Wunder das Haupt einer Figur des Gekreuzigten unversehrt erhalten. Man brachte es in feierlicher Prozession zur Pfarrkirche in Siegsdorf, wo es noch heute im Hochaltar über dem Tabernakel aufbewahrt wird.
Dieses historische Ereignis hat Soll im Deckenbild des Langhauses dargestellt. Beherrschende Mitte des Freskos ist links das Bild der brennenden Stadt Traunstein, davor ziehen Soldaten ab, während rechts eine Gruppe von Brandopfern kniet. Darüber tragen Engel das gerettete Christushaupt. Das Deckenfresko ist signiert mit „F.J.Soll. Fecit 1781“.
Nach der Führung folgte ein Frühschoppen in der neuen Post neben der Kirche. Die Rückfahrt nach Fridingen verlängerte sich durch einen Stau. Dennoch gönnte sich die Gruppe einen gemütlichen Ausklang der Exkursion in Worndorf im Gasthaus „Sonne“.